Olten Bahnhof Buffet

EXKLUSIV – SONDERAUSGABE

„EINDRINGLING IM BAHNHOFBUFFET – Wer ist Ben wirklich?“

Ein Paparazzo berichtet von einer Begegnung, die alles veränderte.

Der Zug hielt an. Gleis 4. Olten.

Es war kein besonderer Tag. Kein Licht, kein Empfangskomitee. Nur ein Mann, der ausstieg, den Kopf leicht gesenkt, einen kleinen Lederrucksack über der Schulter.

Ben.

Ich verfolge ihn seit Wochen. Vielleicht Monaten. Manchmal scheint es, als hätte er mich längst bemerkt. Vielleicht weiß er es. Vielleicht ist es ihm egal. Vielleicht weiß er, dass wir ihn suchen – aber nicht wissen, was wir finden werden.

Er ging langsam durch die Unterführung, keine Hast, kein Zögern. Ich blieb auf Abstand. Kamera bereit. Und als er das alte Bahnhofsbuffet ansteuerte, wusste ich: Jetzt beginnt etwas.

Das Gebäude war geschlossen. Seit Jahren. Ein Schild: Betreten verboten – Baustelle. Aber Ben drückte die Klinke, als gehöre sie ihm. Die Tür gab nach. Kein Alarm. Kein Widerstand. Nur diese unheimliche Ruhe.

Ich zögerte. Dann folgte ich ihm. Und damit begann eine Geschichte, die auf keine Titelseite passt – aber genau dort hingehört.

Der Mann nennt sich Ben. Keine Adresse. Keine offiziellen Spuren. Aber in diesem Raum bewegte er sich wie jemand, der heimkehrt.

Die Luft war schwer. Spinnweben, verlassene Bilder an den Wänden. Keine Tische mehr. „Rausgerissen“, sagte er. „Verhökert. Vielleicht irgendwo still weitergetragen. Ich weiß es nicht. Aber ich hoffe es.“

Er sprach nicht mit mir. Er sprach mit dem Raum. Mit dem, was war. Vielleicht auch mit dem, was blieb.

Dann fiel das Licht über den Stammtisch. Und jemand saß da. Kein Schatten. Kein Mensch aus Fleisch und Blut – mehr eine Ahnung. Und Ben sagte: „Komm her, mein Junge.“

Ich hob die Kamera. Ließ sie wieder sinken.

Der Skandal, den ich suchte, war keiner.

Ben war nicht eingedrungen. Er war zurückgekehrt.

Er wollte nichts zerstören. Er wollte sehen, was noch da war. Vielleicht auch Abschied nehmen.

„Es ist nicht der Raum, der mir fehlt“, sagte er, „sondern die Menschen. Die Liebe, die hier einmal war.“

Dann erzählte er von Eugen. Seinem Onkel. Einem ehemaligen Pächter. Einem Koch. Einer Ikone in der Schweiz. Einer, der nicht nur Speisen, sondern Erinnerungen servierte.

Und von den Menschen, die damals kamen. Früh am Morgen. Auf der Suche nach Arbeit.

Und wenn sie keine fanden – suchten sie Trost im Alkohol. Ein Glas, ein Gespräch, ein Moment, der sie trug.

Er sprach leise. Aber es war alles da. Die Geschichten. Die Wärme. Die Kälte, die danach kam.

Und dann fiel der Name: Peter Bichsel.

„Er war mal hier“, sagte Ben. „Hat sich gestritten. Mit anderen. Nicht laut, aber entschieden. Es ging um das, was bleibt, wenn alles vorbei ist. Worte. Schweigen. Haltung.“

Ich notierte jedes Wort. Nicht aus Jagdinstinkt. Sondern weil ich wusste: Ich war Zeuge von etwas Wahrem.

Ben verließ das Buffet, als wäre er nie dort gewesen. Kein Blick zurück. Kein Gruß.

Später stieg er wieder ein. Richtung Basel.

Ich blieb. Mit Fragen. Und mit etwas, das sich wie ein stilles Geschenk anfühlte.

– Ein Bericht aus Olten, von einem, der dachte, er sei allein, und einem, der wusste, dass er längst gesehen wurde.