Thailand – und mein Kopf atmet, Flucht aus Pattaya

Die Flucht begann in der Dämmerung, als der Himmel in sanften Rosa- und Orangetönen leuchtete und die Welt noch im Halbschlaf war. Mit nur wenigen Dingen im Gepäck schlichen wir durch die engen Gassen, unser Herz pochte laut in der Stille. Jeder Schatten fühlte sich an wie eine potenzielle Bedrohung, und der Nervenkitzel des Unbekannten trieb uns voran.

Wir nutzten die alten Abwasserkanäle, die unter der Stadt verliefen, und schlüpften in die Dunkelheit, fernab der Augen der Syndikate. Während wir durch das labyrinthartige Netz krochen, schwebte die ständige Angst vor Entdeckung über uns wie ein ungebetener Gast.

Nach Stunden des Kriechens erreichten wir die Oberfläche – eine verlassene Baustelle am Rand der Stadt. Ein Übergangsort, unfertig, instabil. Genau wie wir. Die kühle Morgenluft empfing uns wie ein willkommener Freund, doch das Wissen um die Verfolger ließ uns keine Ruhe.

Pierre war unser einziger Ausweg.

Er würde mit seiner Hercules an der Strandpromenade landen, ein fliegender Stahlriese inmitten des Chaos. Es würde laut werden. Es würde dreckig werden. Und es würde keine zweite Chance geben.

Wir warteten sechzehn Stunden. Versteckt zwischen Stahlträgern und Betonstaub, während die Stadt weiter pulsierte. Sechzehn Stunden zwischen Angst und Hoffnung, zwischen Leben und Tod.

Dann kam Pierre.

Nicht leise, nicht unauffällig – sondern mit einem Getöse, das den Himmel zerriss.

Die Hercules tauchte aus der Dunkelheit auf, ihre Turbinen heulten, der Boden vibrierte unter ihren gewaltigen Triebwerken. Die Luft roch nach Kerosin und verbranntem Gummi. Der Wind wirbelte Sand durch die Straßen, Möwen kreischten und Menschen rannten auseinander, als hätte sich der Himmel selbst geöffnet.

Die Maschine senkte sich über die Promenade, ihr Fahrwerk krachte auf den Asphalt. Funken stoben, als die Reifen aufsetzten. Ein Schwall heißer Luft drückte mir ins Gesicht, der Lärm war ohrenbetäubend.

„Jetzt oder nie!“

Wir rannten.

Die Rampe öffnete sich, Pierre stand oben, ein dunkler Schatten im tobenden Licht der Triebwerke. Ich hörte einen Schuss, dann noch einen – irgendwo aus der Dunkelheit.

Meine Frau sprang zuerst, Pierre zog sie hinein. Ich folgte, mein Herz hämmerte, meine Muskeln brannten. Dann ein dumpfer Schlag – die Luke schloss sich.

Die Triebwerke heulten auf.

Wir waren in der Luft.


Die Stadt wurde kleiner, verschwand unter einem Schleier aus Nacht. Der Gestank von Kerosin hing noch immer in der Luft, meine Brust hob und senkte sich schwer.

Vorne im Pilotensessel saß Pierre und grinste uns frech an.

„Na, Lust auf einen Ausflug?“

Ich schnaubte. „Hatte ich eine Wahl?“

Er lachte und schaltete auf Autopilot. „Ihr seht beschissen aus. Aber hey – in Europa gibt’s Duschen.“

Ich schloss die Augen. Die Worte klangen hohl, nicht weil sie falsch waren, sondern weil ich wusste, dass die wirkliche Gefahr nicht nur hinter uns lag.

Vergessen.

Nicht die Ereignisse – sondern die Angst. Die Ohnmacht. Der Moment, in dem die Welt ins Wanken geriet. Ich hatte zu viele gesehen, die sich nach ihrer Flucht als Helden sahen, die glaubten, sie hätten alles verstanden.

Aber das war eine Lüge.

Ich war nicht hier, weil ich gewonnen hatte. Ich war hier, weil ich entkommen war.

Ich spürte die Hand meiner Frau. Ihre Finger fanden meine, ihr Griff fest, lebendig. Ich öffnete die Augen und sah sie an.

Vielleicht war das genug. Für jetzt.

Pierre drehte sich noch einmal zu uns. „Ihr solltet schlafen. Es wird eine lange Nacht.“

Ich nickte.

Doch ich wusste, dass der Schlaf nicht kommen würde.

Denn jede Metamorphose geschieht mit Gewalt.
Und wir hatten unsere noch nicht vollendet.