Willkommen in meinem Tagebuch

Vorwort

Willkommen in meinem Tagebuch – eine Sammlung von Momenten, Gedanken und Begegnungen, die mein Leben verändert haben. Dieses Buch ist mehr als nur eine Reisebeschreibung; es ist ein Spiegel meiner Suche nach einem Neuanfang.

1982 war ein Jahr, in dem die Welt sich drehte und gleichzeitig stillzustehen schien. Während Kriege tobten und technologische Meilensteine wie die erste CD die Zukunft ankündigten, entschied ich mich, alles hinter mir zu lassen. Ein Jahr, um dem Lärm zu entfliehen und herauszufinden, wer ich war, jenseits der Uniform, der Pflichten und der Erwartungen. Ein Jeep, ein Ticket nach Thailand und ein leerer Tank – mehr brauchte ich nicht, um den ersten Schritt ins Unbekannte zu wagen.

Dies ist die Geschichte dieser Reise, die mich in die sanften Hügel von Mae Hong Son führte. Es ist eine Geschichte von Menschen wie Malee, deren Augen wie ein stiller See waren, und deren Worte mich tief berührten. Es sind Begegnungen, die mich lehrten, dass es manchmal die unerwarteten Momente sind, die das Leben wirklich lebenswert machen.

Dies ist kein perfektes Tagebuch. Es ist ehrlich, roh, manchmal chaotisch – genau wie das Leben. Es ist ein Dank an Thailand, an die Menschen, die mich aufnahmen, und an die leeren Straßen, die mich zu ihnen führten.


Tagebuch: Tag 1

Mae Hong Son, 1982

Heute begann alles. Es war, als hätte das Schicksal beschlossen, die Karten neu zu mischen, und ich war bereit, mitzuspielen. Bangkok war mein Startpunkt – eine Stadt, die in einem Feuerwerk aus Geräuschen und Gerüchen explodierte. Aber ich wollte weg. Weg von der Hektik, weg von allem, was mich an das erinnerte, was ich hinter mir lassen wollte.

Ein alter Jeep wurde mein Begleiter. Er war klapprig, laut und perfekt. Ich fuhr, ohne wirklich zu wissen, wohin, bis der Tank leer war. Und so kam ich hierher, mitten in ein kleines Dorf, das zwischen Hügeln und Reisfeldern eingebettet war.

Kaum war ich ausgestiegen, begegnete ich Malee. Eine junge Frau mit einem Lächeln, das die Schwere des Tages verblassen ließ.

Sawasdee ka“, begrüßte sie mich freundlich, und obwohl ich kaum ein Wort verstand, war da eine Wärme, die keine Übersetzung brauchte.

„Wo bin ich hier gelandet?“, fragte ich und lächelte zurück. „Sawasdee, meine Schöne.“

Sie lachte leise. „Oh, entschuldigen Sie mein Staunen. Wir sehen selten Fremde in unserem Dorf. Sie sind in Mae Hong Son – wo die Zeit langsamer vergeht und die Menschen eng mit der Natur verbunden sind.“

Ich erzählte ihr, dass ich auf der Suche nach einer Tankstelle war. Malee erklärte, dass die nächste zwei Stunden zu Fuß entfernt sei. „Wir verlassen uns hier mehr auf Fahrräder und Ochsenkarren“, fügte sie hinzu. „Aber wenn Sie möchten, frage ich jemanden, ob er Sie mit einem Motorrad mitnehmen kann.“

Ich schüttelte den Kopf. „Ich bleibe lieber hier. Gibt es einen Ort, wo ich übernachten und etwas essen kann? Ich kann auch bezahlen.“

„Zahlen müssen Sie nicht“, sagte sie. „Gäste sind Teil unserer Kultur. Wir haben ein kleines Gästehaus. Einfach, aber gemütlich. Und das Essen? Das wird mit Liebe zubereitet.“

Beim Abendessen lernte ich, mit den Händen zu essen. Malee lächelte, während sie mir zeigte, wie man den Reis formt und das Curry aufnimmt. „Es ist nicht nur eine Art zu essen“, erklärte sie. „Es ist eine Verbindung zur Nahrung, ein Ausdruck von Respekt.“

Die Dorfbewohner begrüßten mich mit einer Herzlichkeit, die mich tief berührte. Sie erzählten mir Geschichten über das Dorf, ihre Traditionen und ihre Träume. Malee sprach über ihren kleinen Bruder Ploy, den sie nach dem Verlust ihrer Eltern wie einen Sohn aufzog.

„Wie schaffst du das alles?“, fragte ich sie später, als wir unter einem riesigen Banyan-Baum saßen.

Sie lächelte nachdenklich. „Manchmal weiß ich es selbst nicht. Aber die Gemeinschaft hier hilft mir. Und die Liebe zu meinem Bruder gibt mir die Kraft.“

Ich betrachtete sie eine Weile und konnte nicht anders, als zu sagen: „Du bist eine beeindruckende Frau, Malee. Stark und klug. Und deine Augen… Man könnte sich darin verlieren.“

Sie errötete leicht, doch ihr Lächeln blieb warm. „Vielleicht sind Sie nicht so verloren, wie Sie glauben, Herr Ben. Vielleicht hat das Schicksal Sie hierhergeführt, um etwas zu finden – nicht nur in der Welt, sondern auch in sich selbst.“

Jetzt sitze ich unter dem Banyan-Baum, die Sterne leuchten über mir, und Malee erzählt mir von den Traditionen ihres Volkes. Die Nacht ist still, und doch fühle ich, dass etwas in mir in Bewegung geraten ist. Heute habe ich nicht nur ein Dorf gefunden, sondern auch einen kleinen Frieden in mir selbst.

Vielleicht fängt die Reise gerade erst an.

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