Eine Einleitung

I

Ich weiß nicht genau, warum ich heute darüber sprechen will.
Vielleicht, weil ich selbst überrascht war.
Vielleicht, weil es mich berührt hat.
Vielleicht, weil es einfach gesagt werden muss.

Ben bat mich herein. Ganz ruhig. Ohne große Geste.
Und ich fragte mich: Warum ich? Warum jetzt?
Er ist jemand, der so viele Türen aufstoßen könnte – aber oft lieber allein bleibt.
Und doch war ich plötzlich da.
In seinem Raum. In seiner Stille.

Man sagt oft, Ben könne alles haben.
Und das stimmt vielleicht.
Aber ich glaube, das meiste davon bedeutet ihm nichts.
Kein Applaus. Kein Beifall. Kein Ruhm, den man ihm später wieder nehmen will.
Nur das Jetzt zählt für ihn.
Das, was lebt. Was wahr ist.
Was niemand ihm nehmen kann.

Er lebt hier, weil er dachte, es sei seine Geschichte.
Seine Familie. Seine Wurzeln.
Tief in dieser Landschaft.
Geschichten, die vierhundert Jahre zurückreichen –
als man in die Schweiz zog.
Damals war da Bewegung.
Ein Sog nach vorn.
Ein Werden.
Ein Mut, der Räume schuf.

Aber das ist vorbei.
Heute geht es ums Bleiben.
Um Besitz.
Um das Halten.
Hier fragt niemand mehr, was sich verändern muss.
Hier ist nur noch: So ist es eben.

Und Ben?
Er spielt nicht mit.
Er lebt. Er tut.
Manchmal ganz still.
Manchmal völlig aus dem Takt.
Aber nie falsch.

Ich glaube, das ist es, was mich heute so bewegt hat.
Dass ich ihn so sehen durfte.
Ohne Maske.
Ohne Haltung.
Nur als Mensch.
Und dass er mich sehen ließ.

Alle haben Angst, ihn zu fragen, wer er wirklich ist.
Ich auch.
Aber ich habe gefragt.
Und er hat mich reingelassen.

Dann zeigte er mir, was er eigentlich meinte.

Er führte mich in einen Raum –
und wisst ihr was?
Ich wusste nicht mal, wo wir genau waren.
Es fühlte sich an, als wäre der Ort nicht festgelegt.
Vielleicht projiziert Ben seine Ideen immer in denselben Raum.
Vielleicht war es nur dieser Moment.

Aber plötzlich war da etwas.

Der Raum erinnerte mich an früher.
An meine Großeltern.
Nicht verstaubt. Nicht kaputt.
Aber gebraucht. Gelebt.
Voller Vergangenheit, ohne sie zu erklären.

Und dann begann er.

Er projizierte Bilder an die Wand.
Und wir – wir spazierten durch zehn Quadratmeter,
als wären es hundert.
Als wären wir in einer riesigen Galerie.

Zu jedem Bild sagte er etwas.
Etwas Bildliches. Und die Geschichte dazu.

Und es war… wunderschön.

Nicht wegen der Technik.
Nicht wegen der Bilder an sich.
Sondern weil es so persönlich war.
Weil er mir zeigte, wie er die Welt sieht.
Wie er Räume erschafft,
in denen andere wieder fühlen können.

Für einen Moment war ich einfach nur da.
Und ich verstand:
Sein Ja zu mir war genauso echt wie meines zu ihm.

Dann – irgendwann – schaute er mich an
und fragte leise:

„Wirst du da sein wollen?“

Und in dem Moment war alles still.

Ich wusste, wenn ich Ja sage,
wird es etwas verändern.
Nicht laut. Nicht dramatisch.
Aber es wird mich verändern.

Weil ich dann keine Zuschauerin mehr bin.
Weil ich Teil davon werde –
von ihm, von seiner Geschichte,
von dem, was da gerade wächst.

Und irgendwie…
sagte ich Ja.

Nicht aus Pflicht.
Nicht, weil ich musste.
Sondern weil ich wusste:
Dieses Ja ist echt.
Und ich bin bereit, es zu tragen.