Feder und Papier der Brief





Heute fahre ich mit meinem MAN nach Coburg. Ich besuche Martha, meine Physiotherapeutin. Keine Ahnung, was es ist, aber ich freue mich auf sie. Vielleicht einfach, weil da jemand ist, der echt ist. Ich kenn die Strecke auswendig. Alles daran. Es passiert nichts Neues. Und gerade steht auch nichts Neues an. Die Straße ist wie immer. Der Schneepflug steht schon wieder am Rand. Und er wird da auch den ganzen Sommer über stehen. Weil ihn keiner braucht. Nicht bis der Winter zurückkommt. Und ja, ich war bei Martha. Hab ihr erzählt, was war. Auch das, was nicht war. Das mit Markus, mit dem Hof, mit dem Kuss, dem Brot. Sie hörte zu. Wie sie eben zuhört. Nicht bewertend. Nicht fordernd. Nur da. Und in dem Moment war das mehr, als ich gebraucht habe. Es war genug. Und da fragte sie mich, mit diesem Lächeln, das sie hat, wenn sie schon längst mehr weiß, als sie sagt: „Was weiter?“ Ich fand keine Worte. Nur Stille. Dann sah ich sie an und fragte: „Darf ich dir was schreiben? Oder… dass die Antwort vielleicht ein Brief ist?“ Sie nickte. Ganz ruhig. Kein Nachfragen. Kein Drängen. Ich versprach, ihn zu senden. Den Brief. Und sie sagte nur: „Gut.“ Aber das Schreiben des Briefes – das gehört überall nur mir. Weil der Weg dorthin, zu genau diesen Zeilen, noch ein paar Hürden kennt. Ich hatte keine Augen für die schönen Weiten der Stadt. Nicht für den Schlossplatz, nicht für die Marktgasse, nicht für den Platz mit dem Rathaus. Alles lag da – gepflegt, charmant, fast wie gemalt. Aber es kam nicht bei mir an. Ich war da, aber nicht wirklich. Keine Reaktion. Kein Innehalten. Auch beim Juwelier Stahl hielt ich nicht an – der mit den Schweizer Uhren im Schaufenster. Normalerweise bleibe ich da stehen. Heute nicht. Heute ging ich einfach weiter. Keine Augen für die schönen Dinge. Nicht heute. Und doch zog es mich plötzlich in diese kleine Gasse. Fast wie von selbst. Da war das Geschäft – Schreibkultur. Der Geruch von Papier, Tinte, Leder. Und beim Öffnen der Tür war es, als würde ich eine andere Welt betreten. Kein Laden. Eine Schwelle. Ich war ausgeliefert. Dem, was ich sah, dem, was ich fühlte. Ich war verzweifelt, weil ich alles sah – und nichts. Ich hob die Hände über den Kopf, konnte nicht anders, und schrie: „Hilfe! Ich brauche Hilfe! Ich brauche Papier und einen Stift! Ich will schreiben – einen Liebesbrief!“ Ich brauchte Hilfe. Und sie – sie war diese Hilfe. Wunderbar. Ihre Augen, ihre Haare, ihre Ruhe. Alles an ihr war da, genau da, wo ich es gebraucht hab. Und heute? Heute sind wir ein Paar. Schreibt doch auch mal einen Brief. Man weiß nie, was draus wird.