
Das Ritual der Opfergaben und der Segnung
Zuerst holten wir uns kleine Opfergaben – Räucherstäbchen, eine Kerze, Goldblättchen und Blumen.
🔹 Die Bedeutung:
Räucherstäbchen reinigen den Geist und tragen Gebete mit dem Rauch gen Himmel.
Die Kerze symbolisiert Erleuchtung und innere Klarheit.
Die Goldblättchen stehen für spirituelle Verdienste und Schutz.
Wir zündeten die Räucherstäbchen an, falteten die Hände zum Wai und senkten langsam den Kopf – eine Geste des Respekts vor Buddha, den Mönchen und der spirituellen Welt.
Der feine Rauch stieg auf, tanzte in der warmen Nachtluft, während wir unsere stillen Wünsche ins Universum schickten.
Dann gingen wir zur großen Buddha-Statue, um hauchdünne Goldblättchen auf sie zu kleben.
🔸 Ein uralter Brauch: Manche Gläubige kleben das Gold gezielt auf Körperstellen der Statue, die mit ihren eigenen Beschwerden zusammenhängen – in der Hoffnung auf Heilung und Schutz.
Zum Abschluss kamen die Tontöpfe: Wir warfen kleine Münzen in 108 Töpfe, jeder Topf stand für eine der 108 Tugenden Buddhas. Das leise Klingen der Münzen vermischte sich mit den murmelnden Gebeten der Gläubigen, mit dem Flackern der Kerzen, mit der stillen, unaufdringlichen Spiritualität des Ortes.
Ein Moment der Ruhe. Ein Moment, in dem die Zeit für einen Augenblick stillzustehen schien.
Der wahre Abschluss der Segnung
Dann war es soweit: Der eigentliche Abschluss der Segnung.
Auf einem kleinen Podest saßen zwei Mönche in ihren safranfarbenen Roben. Mit ruhigen Stimmen rezitierten sie heilige Verse, während wir kniend vor ihnen saßen, die Hände zum Wai gefaltet.
Einer der Mönche nahm eine kleine Schale mit heiligem Wasser und besprengte uns erneut. Es war der letzte Moment der Reinigung, der letzte Segen, bevor wir wieder in die Welt hinaustraten.
Mit einem Nicken signalisierten sie uns, dass das Ritual vollendet war.
Dann wurden wir noch einmal mit heiligem Wasser besprengt, während sanfte buddhistische Mantras erklangen.
Der Klang der Stimme des Mönchs, das leise Plätschern des Wassers – es fühlte sich an, als würde ein unsichtbarer Schleier von uns genommen, als würde etwas Altes weichen und Platz für Neues machen.
Ein Moment der Stille, der sich in die Seele einbrannte.
Zurück ins Fest – ein Abend unter Freunden
Nach der Segnung kehrten wir zurück auf das Festtagsgelände, wo das Leben pulsierte. Musik, Gelächter, Stimmengewirr – eine Welle aus Klängen und Farben empfing uns.
Bekannte Gesichter tauchten auf. Menschen, die wir erst vor kurzer Zeit kennengelernt hatten, lächelten uns nun vertraut an, begrüßten uns mit gefalteten Händen zum Wai – und zwischendurch auch mit einem Händedruck nach europäischer Art.
Es war ein Gefühl des Ankommens, des Dazugehörens.
Mitten im Trubel kam der frisch wiedergewählte Districtchef auf uns zu, sein Lächeln ebenso herzlich wie sein Händedruck. Er blieb für eine Plauderminute, tauschte ein paar Worte mit uns, erkundigte sich nach unserem Wohlbefinden – ein Moment der echten, ungezwungenen Gastfreundschaft.
Wir ließen uns treiben, bestellten kleine Speisen von den Ständen, kosteten süße und herzhafte Leckereien, während das Fest in die Nacht hineinwogte. Die Musik, die Trommeln, die Stimmen – all das verschmolz zu einem einzigen, lebendigen Rhythmus.
Irgendwann, weit nach Mitternacht, als die Nacht noch immer voller Klang war, zogen wir uns langsam zurück.
Der Tag hatte uns viel geschenkt.
Die Segnung, das Fest, die Menschen.
Und in unseren Gedanken klangen noch immer die Worte des Mönchs nach:
„Gestern, heute Morgen, übermorgen – die Zeit vergeht, doch sie ist kein Besitz, den man handeln kann.“
Seine Worte klangen nach, wie das Echo eines fernen Gongs. Zeit ist ein Fluss, sie lässt sich nicht festhalten – sie kann nur gelebt werden.