Zenaida die Geschichte ihre Jugendzeit

Tagebucheintrag 20. August 2018

Die Geschichte von Zenaida – Ein Gespräch bei Sonnenuntergang

Die Sonne sank langsam hinter den Horizont, und das warme, goldene Licht der Dämmerung legte sich wie ein sanfter Schleier über die Landschaft. Wir saßen auf der Veranda ihres Hauses, ein Glas Wein in der Hand, während die letzten Strahlen des Tages die Welt in ein glühendes Orange tauchten. Der Wind raschelte sanft durch die Bäume, und irgendwo in der Ferne war das Murmeln eines kleinen Flusses zu hören.

Zenaida sah nachdenklich in die Ferne, ihr Gesicht von der untergehenden Sonne erleuchtet. Sie wirkte ruhig, aber es lag eine Tiefe in ihrem Blick, die mich neugierig machte. Nach einem Moment der Stille begann sie zu sprechen.

„Weißt du“, sagte sie, „manchmal frage ich mich, was aus mir geworden wäre, wenn ich nie den Mut gehabt hätte, unser Dorf zu verlassen. Aber auch, was ich alles verloren habe, um dorthin zu gelangen, wo ich jetzt bin.“

Ich nahm einen Schluck Wein und sah sie an. „Du warst immer jemand, der nach vorne geschaut hat, Zenaida. Aber heute… heute wirkst du nachdenklich. Als würdest du versuchen, etwas zurückzuholen.“

Sie lächelte schwach, schloss kurz die Augen und nahm selbst einen Schluck aus ihrem Glas. „Vielleicht“, sagte sie. „Aber lass mich dir von Anfang an erzählen. Von meinem Vater, von meiner Kindheit, von Manila – und von den Gegensätzen, die mein Leben geprägt haben.“


Kindheit im Dschungel

„Ich bin in einem kleinen Dorf aufgewachsen, umgeben vom Dschungel. Das Meer war so nah, dass ich die salzige Luft manchmal selbst zwischen den dichten Blättern riechen konnte“, begann Zenaida, während die Dämmerung sich um uns legte. „Es war ein Ort, der gleichzeitig abgeschieden und grenzenlos wirkte. Es war mein Zuhause.“

„Mein Vater war ein außergewöhnlicher Mann. Ein Schmied, ein Bauer, ein Philosoph – ein Mann, der mehr wusste, als er je aussprach. Er war kein Mann großer Worte, aber alles, was er sagte, hatte Bedeutung.“ Zenaida lehnte sich zurück, ihr Blick wirkte für einen Moment wie verloren in der Erinnerung. „‚Nichts wird verschwendet, Zenaida‘, sagte er immer. ‚Nicht das Eisen, nicht die Zeit, und schon gar nicht deine Träume.‘ Er hat mir beigebracht, dass das Leben wie ein Stück Metall ist. Du kannst es in jede Form bringen, aber nur, wenn du bereit bist, die Hitze zu ertragen und deine Hände schmutzig zu machen.“

Sie lächelte, als sie weiterredete. „Nach der Schule bin ich immer direkt zu ihm in die Werkstatt gelaufen. Mein Lieblingsmoment war, wenn er die alten, rostigen Eisenstücke nahm – Dinge, die andere längst weggeworfen hätten – und sie in etwas Neues, Wunderschönes verwandelte. Ein Werkzeug, das uns half, Kokosnüsse effizienter zu ernten. Oder eine kleine Figur, nur um uns zum Lächeln zu bringen.“

„Aber er hat dir mehr als das Schmieden beigebracht, oder?“ fragte ich.

„Ja“, antwortete sie leise. „Er hat mir beigebracht, wie man denkt. Wie man nachdenkt. Er hat mir beigebracht, was Leben bedeutet – dass es nicht nur darum geht, etwas zu nehmen, sondern auch, etwas zurückzugeben. Doch…“ Sie hielt kurz inne und starrte in die untergehende Sonne. „Manchmal frage ich mich, ob ich wirklich genug zurückgegeben habe.“


Schulzeit: Der Pausenhof und einfache Freuden

„Aber um das zu verstehen“, fuhr sie fort, „muss ich dir erst erzählen, wie es war, als ich ein Kind war. Ich war glücklich – auf eine Art, die ich später in meinem Leben nie wieder ganz so empfunden habe. Wir hatten nicht viel, das stimmt. Aber das, was wir hatten, reichte immer.“

Die Sonne stand hoch am Himmel, und der Staub auf dem harten Boden des Pausenhofs wirbelte auf, während die Kinder spielten. Zenaida war acht Jahre alt und trug ihre einfache Schuluniform, die ein wenig zu groß für sie war, da sie von einer älteren Cousine weitergereicht worden war. Ihre dunklen Haare waren zu einem straffen Zopf gebunden, und auf ihren Wangen glänzten Schweißperlen.

Die Jungen und Mädchen spielten Ball – ein improvisiertes Spiel mit einem alten, abgenutzten Lederball, den jemand aus dem Dorf mitgebracht hatte. Zenaida war voller Energie und lachte laut, als sie dem Ball hinterherrannte, ihre bloßen Füße fest auf den Boden stampfend. Sie hatte den Ball gerade zurückgespielt, als sie hinter sich ein leises Tuscheln hörte.

„Sie denkt wohl, sie ist besser als wir, nur weil sie die Aufgaben immer schneller löst“, sagte ein Junge zu einem anderen.

Zenaida hielt kurz inne. Ihre Brust hob und senkte sich vom Laufen, doch sie spürte, wie ihre Wangen heiß wurden. Schließlich drehte sie sich um. „Das hat nichts mit besser zu tun“, sagte sie leise, aber bestimmt. „Ich gebe mir nur Mühe. Und ich habe Freude daran.“

Die Jungen schauten sie überrascht an, sagten aber nichts mehr. Es war ein Moment, der ihr mehr über die Welt lehrte, als jede Schulstunde es je konnte. Sie verstand, dass nicht jeder deine Erfolge feiert – aber auch, dass du dich dafür nicht entschuldigen musst.

Nach der Schule saß Zenaida oft mit ihren Freundinnen im Schatten eines großen Baumes am Rand des Pausenhofs. Sie packte ihr Brot aus, das ihre Mutter am Morgen für sie zubereitet hatte. Es war einfach: ein Stück hartes Brot, das manchmal mit einem kleinen Stück Schweinefleisch belegt war, wenn ihr Vater ein Schwein geschlachtet hatte – ein seltener Luxus. An anderen Tagen waren es nur Bambussprossen, mit einer Prise Salz gewürzt.

„Damals wusste ich noch nicht, dass die Welt so kompliziert sein kann“, sagte sie. „Ich war zufrieden mit dem, was ich hatte. Und dieses Gefühl… das habe ich später oft vermisst.“


Manila: Eine Stadt der Gegensätze

„Und dann kam Manila“, sagte sie schließlich. Ihre Stimme wurde etwas ernster, ihre Augen reflektierten das schwindende Licht des Tages. „Manila ist… unbeschreiblich. Eine Stadt, die in ihrer Vielfalt und ihren Gegensätzen kaum zu fassen ist.“

Zenaida beschrieb die Viertel der Universitäten, in denen das Leben der Studenten geprägt war von Disziplin, Ehrgeiz und endlosen Träumen. „Wir waren jung, voller Hoffnung, und dachten, wir könnten die Welt verändern. Doch in derselben Stadt, nur ein paar Straßen weiter, sah ich Kinder im Dreck spielen. Sie hatten nichts – und doch hatten sie oft ein Lächeln auf den Lippen, das tiefer war als alle Reichtümer der Welt.“

„Und dann gab es die Pferderennbahnen“, fuhr sie fort. „Dort, auf den Rennbahnen, wurden die wirklich wichtigen Gespräche geführt. Es ging um Geld, um Macht, um Abmachungen, die nie in einem Büro getroffen wurden. Alles war… subtil. Dein Verhalten, deine Kleidung, sogar die Art, wie du dein Glas hieltest – es zeigte allen, wo dein Platz war.“


Philosophie und Träume

„Weißt du, was mein Vater mir beigebracht hat?“ fragte sie, ohne meinen Blick zu suchen. „Dass es egal ist, was andere sehen. Wichtig ist, wer du bist, wenn du in den Spiegel schaust.“

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