Auf dem Weg zum Bauhaus

Ich war selbst schuld, dass ich den Tag tatenlos hatte verstreichen lassen. Doch kurz vor 18:00 Uhr entschloss ich mich schließlich, doch noch in den Baumarkt zu gehen, um ein paar Schrauben zu kaufen. 

Mit meinem verletzten Bein machte ich mich auf den Weg dorthin, den Gehweg entlang. Schon bald spürte ich, wie Unmut in mir aufstieg. 

Die Lampen entlang des Weges spendeten Licht, genau wie vor 40 Jahren. Es war, als hätten sie die Zeit überdauert, still und unverändert. 

Doch da war sie – eine Erinnerung, die mich plötzlich völlig einnahm. Während ich mich mühsam voranschleppte, bemerkte ich die Wurzeln, die aus dem rissigen Asphalt hervorstachen. Sie ragten in die Höhe, als wollten sie den Himmel berühren. 

Die Nacht in den Bergen kam mir plötzlich in den Sinn. Wir kämpften stets im Schutz der Dunkelheit, unsere Missionen präzise und gefährlich. Damals hatten wir noch eine Stunde, bevor die Sonne aufging. Eine Stunde, um über die Berge zu entkommen und Zuflucht zu finden. 

Wir retteten uns in eine verlassene Hütte, verschanzten uns und hielten uns so still, dass niemand uns entdecken konnte. Einer von uns hielt jeweils Wache, während die anderen schliefen oder unserem Notproviant aßen. Als die Sonne schließlich aufging, verwandelte sie die Luft in eine sengende Hitze – so anders als die klare Kälte der Nacht in den Bergen. 

Als die Nacht die zerstörte Stadt wieder in ihren Besitz nahm, schlichen wir uns aus der Hütte, auf der Suche nach dem Kollaborateur. Der Boden war übersät mit Trümmern, und die wenigen noch funktionierenden Lampen warfen ein trügerisches Licht auf unsere Umgebung. Es war ein Licht, das Schatten mehr verstärkte, als sie zu vertreiben. 

In Formation durchsuchten wir die Stadt. Plötzlich flackerte ein Licht auf – nur kurz, aber es genügte. Eine Geste, und wir wussten, wohin wir mussten. Der hinterste Mann drehte sich um, um uns den Rücken zu stärken, während wir vor einer Tür standen, die kurz zuvor geöffnet worden war und nun wieder verschlossen war. 

Auf ein Zeichen hin rissen meine Kameraden die Tür auf, und ich stürzte in den Raum. Doch statt des erwarteten Feindes sah ich eine ältere Frau, die mit dem Rücken zu mir stand und Wäsche aufhängte. Meine Alarmglocken schrillten laut in meinem Kopf, und ich hob meine Waffe. 

Die Frau drehte sich langsam um, und in ihrem Gesicht spiegelte sich pures Entsetzen. Für einen Moment dachte ich, sie würde vor Schock einen Herzinfarkt erleiden. Doch dann senkte ich meine Waffe, und wir beide versuchten, unsere aufgewühlten Nerven zu beruhigen. 

Nachdem wir uns gegenseitig beruhigt hatten, zeigte sie mit zitternder Hand nach oben. Vorsichtig folgten wir ihrer Geste und stiegen die knarrenden Stufen hinauf. Dort fanden wir Menschen, die sich zwischen Trümmern versteckt hielten. In ihren Gesichtern lag eine Mischung aus Angst und Hoffnung. 

Unsere Uniformen waren ihnen kein Grund zur Freude. Sie flößten Furcht ein. Und doch wussten sie, dass wir ihre Verbündeten waren – sie und wir, gemeinsam. 

Die Quintessenz dieses Moments: Die Augen der Frau werde ich niemals vergessen. Ihre Augen, die der Menschen, die uns anschauten. Und ich bleibe dabei – egal, was wir tun, egal, wie die Welt aussieht: Das Schöne bleibt.

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