





Kapitel: Abschied in Salzburg – und der Kuss der Erinnerung
Als Ben aufwachte, war das Bett neben ihm leer. Kein Geräusch im Raum, kein Duft von Kaffee. Nur Stille. Und diese war nicht freundlich.
Liz war fort.
Nicht fluchtartig, nicht heimlich – eher mit der stillen Konsequenz einer Entscheidung, die schon vor Tagen getroffen wurde.
Er fand den Zettel auf dem kleinen Sekretär.
Ein Kussmund – klar, rot, echt.
Darunter ihre Handschrift:
„Danke Dir. Du hast mich dazu gebracht, mich wieder im Spiegel zu sehen.
Ich sehe darin eine wunderschöne Frau. Das verdanke ich Dir.“
Er hielt den Zettel lange in der Hand, bevor er ihn faltete und in die Innentasche seines Sakkos schob.
Dann stellte er sich unter die Dusche.
Die Tropfen auf seiner Haut fühlten sich an wie Regen – vertraut.
Kein Drama. Nur ein Übergang.
Unten im Frühstücksraum war es still.
Er setzte sich, blickte kurz aus dem Fenster.
Und dann kam ihm ein Satz seines Ausbilders in den Sinn:
„Du weißt, du hast Mist gebaut. Aber du hast die Aufgabe gelöst. Ich kann dich nicht bestrafen – denn du findest immer einen Weg zu überleben. Das Glück küsst dich stets.“
In diesem Moment hob er den Blick.
Und da stand sie.
Lynn.
Seine erste große Liebe.
Die Frau aus Bern.
Ein anderes Leben.
Ein anderes Kapitel.
Aber vielleicht – ein neues Buch?
Lynn – wie weiter
Kapitel: Damals in Biel – Als Lynn in mein Leben trat
Ein Roman? Nein. Nicht einmal ein Kapitel. Vielleicht ein Gedanke, der nie zu Ende gedacht wurde. Als ich Lynn sah, dachte ich nicht an große Liebe. Ich dachte an gar nichts. Denn alles war auf einmal da – Vergangenheit, Gegenwart, eine Ahnung von etwas, das nie ganz verschwunden war.
Vierzig Jahre. So lange war es her. Ich kam gerade vom Militär zurück, hatte ein Jahr Zeit bis zum nächsten Einsatz. Zeit für das, was ich wirklich liebte: Bilder machen. Geschichten einfangen. Ich griff zum Hörer – damals noch mit Kabel – und rief einen Bandleader an: „Hier ist Ben. Meine Videokamera läuft.“ Und ja – ich war einer der Ersten, die so ein Ding hatten.
Am Wochenende fuhren wir nach Biel. Festival. Musik. Menschen. Ich filmte, beobachtete, war mittendrin. Bis ich sie sah.
Lynn.
Sie war da mit einer Freundin. Sprach nur Englisch. War Ärztin – aus Australien. Zwei Jahre Austausch in Bern, am Lindenhof. Sie wohnte im Schwesternhaus. Aber danach nicht mehr. Denn ich traf sie. Warum wir uns trennten? Keine Ahnung mehr. Es war vermutlich ein Missverständnis. Wir tranken Kaffee und schlenderten durch den Mirabellgarten. Heute – dieses Wort fehlt mir.
Wir redeten über alles und nichts.
Was mich beschäftigte? Ich wollte schreiben. Dachte, ich müsste allein sein dafür. Allein sein, um zu denken – in der Natur, über alles. Über alle. Aber ich hätte nie gedacht, dass ich Lynn treffen würde. Nie und nimmer.
Da wusste ich: Irgendetwas sagt mir das Schicksal. Etwas wollte es von mir. Ich sprach es aus. Sie hörte zu. Sagte nur: „Hast du das Haus noch in der Toskana?“
Ich sagte: Ja. Und sie: „Lass uns feiern. Das Leben. Und uns – wenn auch nur für kurze Zeit.“ Ich fragte nicht, warum. Ich sagte einfach: Ja.
Siebenhundert Kilometer. Ein Rutsch. Machbar.
Die Fensterläden werden Öl brauchen. Und laut schreien. Der Staub wird weggeweht, das Holz wird lichterloh brennen – trocken wie Stroh.
Die Betten? Na ja. Neue Wäsche kaufen wir unterwegs. Natürlich mit Zitronen drauf. Und eine Flasche Wein.
Wenn wir ankommen, werden wir uns melden – Ich werde vieles schreiben. Auch die Geschichte mit Liz. Schonungslos, aber ohne zu provozieren. Denken kann ohnehin jeder, was er will. Meine Worte sind nur ein Anstoß. Alles unter: alleswasbewegt.ch – die Texte gibt’s dort komplett und kostenlos als Heft zum Herunterladen. Und Kommentare? Nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. Bella Italia.