







Basel. Mein Fluss. Meine Wahrheit.
Es geht ums Leben. Erkennen. Die Wahrheit.
Und Wahrheit ist manchmal unverblümt.
Man muss den Mut haben, sie auszusprechen. Nicht hübsch verpackt, nicht eingeweicht. Direkt. So wie Ben.
Kaum hatte der Jumbo abgehoben, sah ich die Meldung auf meinem Handy blinken.
Eine kurze Nachricht: „Ruf an.“
Ich zögerte. Die Nummer kannte ich nicht. Ich rief trotzdem an.
Ben lehnte sich im Sitz zurück, den Blick auf das Display.
Am anderen Ende: eine Stimme. Warm, sicher.
„Hallo Ben. Schön, dass du mich anrufst. Ich habe auf dich gewartet.
Ich habe dich in der Sendung ‚Verbaler Angriff auf Ausländer‘ gesehen und dachte, ich hätte einen Job für dich.“
Ich sagte nichts. Ließ sie reden.
Es geht ja nicht nur um Worte. Es geht um Haltung.
Ben stand da. Du kennst das – die Frauen haben längst alles organisiert, und du stehst einfach da und sagst: „Ja.“
Sie redete weiter:
„Wir treffen uns in Basel, im Tinguely-Museum. Und ja, du hast recht – montags ist geschlossen. Aber sie lassen dich rein. Wir treffen uns dort.“
Er grinste. Klar war schon alles geregelt. Wieder mal.
Lea fuhr den Maserati. Zuhause.
„Wenn dir der Job zusagt, fahren wir am Mittwoch. Du sollst meine Welt kennenlernen.“
Und wieder war es dieses Gefühl.
Der Dialekt? Wienerisch. Kennst du das?
Dieses Lächeln, das fast ein Befehl ist. Zart, aber scharf.
Ben hörte nie auf die Töne.
Nur auf die Zwischentöne.
Als Ben auf dem Platz vor dem Bahnhof trat, atmete er auf.
Er war in Basel. Seiner Geburtsstadt.
Er dachte nur: „Z’Baasel an mim Rhy.“
Der nächste Schritt: zum Billettautomaten.
Er löste sein Ticket, stieg ins nächste Trämli zum Aeschenplatz.
Dort stieg er um.
Die alten Drei-Trams rumpelten vor sich hin, wie immer.
An der Breite wechselte er in den 36er Bus – moderne E-Busse, leise, kühl.
Er stieg beim Museum aus.
An der Museumstür wurden ihm die Türen geöffnet – wie in einem Traum.
Ben trat in die große Halle.
Der Raum war hell, offen, dominiert von einem massiven Kunstwerk, das sofort Blick und Atem nahm.
Und da stand sie. Liz.
Kennst du das, wenn dir die Luft wegbleibt?
Wegbleibt – nicht, weil sie jung war.
Im Gegenteil.
Sie war älter. Sportlich. Elegant.
Und sie hatte eine Ausstrahlung, bei der dir die Spucke wegbleibt.
Nicht laut. Nicht aufgesetzt.
Sie stand einfach da. Und es war klar: Sie war nicht zufällig hier.
Sie sah mich an und sagte:
„Hallo Ben.“
Ben stand da.
„Hoi Liz.“
So vertraut.
So bekannt.
Was man wohl Abenteuer nennt.
Es war eine Reise.
Eine Suche nach der Wahrheit.
Sie nahm seine Hand und führte ihn durch die Halle.
Ich wollte ihr meinen Raum zeigen.
Den einen Raum, der mir mehr bedeutete als alle anderen.
Es war nur eine zeitweilige Ausstellung. Und sie war bereits beendet.
Aber ich wollte ihn ihr trotzdem zeigen.
Der Seiffert-Raum.
Ein Raumwunder.
Gefüllt mit verunfallten Autos, Splittern, Fragmenten.
Utensilien, die beim Unfall entstanden.
Formel 1.
Der Tod seines besten Freundes – Jochen Seiffert.
Ein Ort voller Wucht, Schmerz und Schönheit.
Wie Wahrheit eben.
Weißt du –
es mag sein, dass diese Geschichte erzählenswert ist.
Aber es mag auch sein, dass sie einfach nur passiert ist.
Ohne Zeit. Ohne warum.
Die beiden wussten nur eins:
Es war ein neues Kapitel aufgeschlagen.
Sie verließen das Tinguely-Museum.
Fuhren mit dem Bus, dann mit dem Tram zum Hotel.
Und sie besprachen, wie es weitergehen könnte.
Keine Verträge. Kein Plan auf Papier.
Nur das gemeinsame Gefühl:
Etwas kommt. Und sie gehen nicht allein hinein.
Nur noch eins:
Sie aßen zu Abend.
Und verbrachten die Nacht zusammen.
Um das zu erwarten, was ist –
das Morgen.